Besuch der Gedenkstätte Breitenau

Am Montag, den 22.05.2017 besuchten die beiden Klassen G10a und G10b mit ihren Geschichts- und Religionslehrerinnen Fr. Kunter und Fr. Neusüß das ehemalige Konzentrations- und Arbeitserziehungslager Guxhagen-Breitenau.
Im Unterricht hatten sich die Schüler*innen ausführlich mit dem Nationalsozialismus und dessen Gräueltaten beschäftigt. Dass Menschen teilweise willkürlich oder mit heute unverständlicher Anschuldigung ganz bei uns in der Nähe inhaftiert wurden, war ihnen bis dato unbekannt. Mit der RegioTram nur eine Stunde entfernt liegt das ehemalige Benediktinerkloster Guxhagen-Breitenau. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster aufgegeben und anschließend als Gefängnis und Kriegsgefangenenlager genutzt. Bereits 1933 wurde hier ein Konzentrationslager für politische Gegner eingerichtet, in dem sie gequält, schikaniert und eingeschüchtert wurden. Durch hartes Arbeiten, Essensentzug, Schikanen und Misshandlungen sollten die Gefangenen dahin gebracht werden, sich nach der Entlassung bedingungslos unterzuordnen. Ab Sommer 1940 wurde aus dem Lager ein sogenanntes „Arbeitserziehungslager“, dessen Gefangenen aber nicht mehr in erster Linie politische Gegner waren, sondern Menschen, die in irgendeiner Form gegen NS-Verordnungen verstoßen hatten. Bis Kriegsende waren hier ca. 8300 „Schutzhäftlinge“ inhaftiert, denen das „Arbeiten beigebracht“ werden sollte.
In einem Rundgang über das Gelände konnten die Schüler*innen unter kompetenter Führung einen Eindruck davon bekommen, unter welchen Bedingungen die Häftlinge damals interniert waren. Sie besichtigten u.a. einen Duschraum und eine Einzelzelle, in der teilweise bis zu 15 Häftlinge untergebracht waren. Eindrucksvoll schilderte Frau Stahlenbrecher, pädagogische Mitarbeiterin der Gedenkstätte, wie man hier z.B. alle zwei Wochen für drei Minuten mit vier weiteren Gefangenen eiskalt duschen „durfte“. In der Klosterkirche wurde den Schüler*innen bewusst, wie man nach dem Krieg mit der Aufarbeitung der Geschichte umging. Während im abgetrennten und umgebauten hinteren Teil der Kirche die Häftlinge untergebracht waren, feierte die Guxhagener Gemeinde im vorderen Altarraum Gottesdienst – wie kann man da noch behaupten, man hätte ja nichts gewusst?
Am Ende des Aufenthalts durften die Schüler*innen Einsicht in das große Aktenarchiv nehmen, das sonderbarerweise komplett erhalten geblieben ist. Hier nahmen sie betroffen die Einlieferungsgründe wahr, z.B. „Fälschen einer Essensmarke“ oder „unzüchtige Beziehung mit einer Volksdeutschen“. Auch Täterakten konnten hier eingesehen werden. Kopfschütteln rief bei den Schüler*innen z.B. die Akte des ehemaligen Kasseler Gestapo-Chefs Franz Marmon hervor, der für drei Massaker in Guxhagen und Kassel verantwortlich war. U.a. ließ er am 28. März 1945, kurz bevor die Alliierten das Lager befreiten, noch 28 Gefangene hinrichten, wurde aber 1952 nur wegen Totschlags zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt und verließ den Gerichtssaal als freier Mann, da ihm die Untersuchungshaft angerechnet wurde. Sehr nachdenklich verließen die Schüler*innen die Gedenkstätte und waren sich einig, dass man hier durchaus noch mehr Zeit hätte verbringen können.